Sonntag, 18. März 2012

Nationale Identität - Eine neue deutsche Frage?

Heute wird der Bundespräsident gewählt - oder die Bundespräsidentin.  Egal, wer gewinnt - wohl Joachim Gauck - wird der Präsident nicht vom Volk gewählt. Mit Gnade der politischen Parteien sind allenfalls ein paar Prominente beteiligt. Aber der Bürger an sich steht außen vor. Und das bei dem Mann, der Frau, die ihn präsentieren soll.

Im besten aller deutschen Staaten ist es mit Basisdemokratie nicht gut bestellt. Der Bürger gibt bei der jeweiligen Wahl seine Stimme an einen Volksvertreter. Und ist sie damit los. Von auf kommunaler Ebene zugelassenem Bemühen um mehr Beteiligung des Volkes ist eine Beteiligung so in Ländern  und Bund nicht vorgesehen. Im Prinzip als Nachlauf dem dunkelsten  Zeitraum deutscher Geschichte geschuldet.

Eine deutsche Identität war nach dem Dritten Reich auch nicht vorgesehen. Und nachdem fast zwangsläufig passierte was so damals in Westdeutschland kaum  einer wirklich wollte, nämlich der Zusammenwucherung beider deutscher Staaten, war es immer noch suspekt nach einer deutschen Identität zu fragen. Deutsche Leitkultur, überhaupt Deutsche Kultur, die Frage nach dem, was "Deutsch" eigentlich ausmacht: alles nicht erwünscht im Hinblick auf die Vergangenheit. Wer dennoch danach fragte war schnell im Verdacht ein Nazi zu sein. Zumindest irgendwo in die National-Deutsche Ecke gedrängt.

Als ich den Artikel in der "Süddeutschen Zeitung" las fragte ich mich spontan, wie man auf die Idee kommt, die Präsidentenwahl mit der Suche nach der deutschen Identität in Zusammenhang zu stellen. Und frage mich das nach dem lesen des Artikels immer noch.

Ich glaube nicht, dass die Bevölkerung nach der Suche nach einer "Deutschen Identität" ist. Es ist eher ein Ding der politischen Klasse und hin und wieder der Medien auf der Suche nach Antworten auf Fragen die keiner stellt .

Deutsche Geschichte, die angeblich mit der Gründung des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation begann, gibt eine deutsche Identität nicht her. Regionale Identität eher schon, aber eine gesamtdeutsche Identität war nicht im Bewusstsein der Menschen. Auch die Schaffung einer hochdeutschen Sprache durch Luther schaffte keine Identität, wie vielleicht in Frankreich, dass sich ja durch die Sprache definiert. Vielleicht durch die Schaffung eines deutschen Reiches durch die Preußen 1871 in Verbindung des Gefühls der Revolution von 1848 wurde so etwas wie ein Zusammengehörigkeit geschaffen - überhöht erst durch den 1. Weltkrieg. Und verstärkt durch das Naziregime 20 Jahre später.

Ich erinnere mich an die Karten im Erdkunde- und Geschichtsunterricht, die neben den damals aktuellen Grenzen auch immer die Grenzen Deutschlands 1937 zeigten. Und das war das Deutschland, dass die Nationalisten gerne gehabt hätten.

Den typischen Deutschen gibt es ebenfalls nicht. Viele regionale Eigenheiten verhindern diesen Typus. Menschen im Ruhrgebiet sind etwas anders gestrickt als z.B. Bayern. Der "Deutsche" ist zumeist eine Karikatur der ausländischen Medien, dessen Eigenschaften ebenso auf Engländer oder Franzosen übertragbar sind. Auch wenn man es immer wieder kolportiert: Den "Deutschen" gibt es nicht. Das, was die Klammer ist, dass nennt sich Grundgesetz. Die Menschen, die hier leben, haben zu unterschiedliche Abstammungen, als dass sich eine besondere deutsche Identität herausbilden könnte. Eine multikulturelle vielleicht noch.

Und darüber sollte auch nicht ein "Spass-Patriotismus" wie zur Fußball-WM 2006 oder ähnlicher Veranstaltungen hinwegtäuschen: Es gibt keine deutsche Identität, hat es nie gegeben und sollte es auch nie geben.

Bundespräsident und nationale Identität - Gauck und die neue deutsche Frage - Politik - sueddeutsche.de

Samstag, 17. März 2012

Kritik "Giants" - The Stranglers 2012

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Wie fängt man eine Kritik über eine Platte einer Band an, die nun auch schon auf eine fast 40-Jährige Karriere zurückblicken kann? Und in der noch 3 Gründungsmitglieder spielen, von denen einer dieses Jahr 74 wird, einer Anfang 60 und einer dieses Jahr 60 geworden ist.

Nun, von so einer Band etwas grundlegend Neues zu erwarten wäre vermessen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass diese Band vor gut 10 Jahren schon zu einer "Oldies-but-Goldies"-Gruppe verkommen schien. Am 11.9.1974 wurde "The Stranglers" als Trademark eingetragen und seither gilt dieses Datum als Gründungsdatum von den Stranglers. Obwohl sie schon etwas früher gestartet sind als Guildford Stranglers. Das war die Zeit,  in der JJ Burnel, Hugh Cornwell, Jet Black und Hans Wärmling noch irgendwie nach Hollies klangen. Nach dem Ausstieg Wärmlings kam der Keyborder und Organist Dave Greenfield hinzu und ab da bestand die Formation, wie die Rockwelt sie kannte. Die Band wurde dem Punk zugerechnet, dem sie immerhin die Ratte brachte, obwohl die Musiker viel zu alt waren und vom ganzen Habitus gar nicht in diese Szene passten. Mit zynischen Texten und rauher Musik muss man sich wohl so einordnen lassen. 1990 verließ Hugh Cornwell die Band, die sich mit Paul Roberts und John Ellies verstärkte und ihren Sound änderte. 2000 verschwand John Ellies  und Baz Warne stieg als Gitarrist ein, 2006 verließ Paul Roberts die Band und The Stranglers machten wieder als 4er Bande weiter.

2004 bekamen die Stranglers einen Plattendeal mit der EMI über 4 Studio-CDs. Und mit "Giants" liegt nun die dritte vor. 6 Jahre nach der Suite XVI. Und knüpft nahtlos an dieses Album an ohne es zu kopieren.

Nach dem Weggang von Roberts teilen sich Burnel und Warne den Gesang. Und das ist eine der Probleme der letzten beiden Veröffentlichungen: Es fehlt eine markante Stimme. Und auf "Giant" fehlt ein potentieller Hit, der sonst immer auf einem Album war - wenn es auch mangels Single-Veröffentlichung nie ein HIt wurde. Aber das sind in der Regel die besonderen Punkte, die einen ein Album in Erinnerung halten. Diese Höhepunkt fehlen komplett. Was nicht weiter tragisch ist, da dieses Album tatsächlich ein gesamter Höhepunkt ohne wirkliche Schwächen ist.

Die Covergestaltung zeigt in Deutlichkeit warum die Band "The Stranglers" heißt und könnte inklusive Innengestaltung als leicht makaber gelten. Dafür ist die Überraschung beim Einlegen der CD doch groß.

Mit "Another Camden Afternoon" fängt die Platte sehr Blueslastig an. Mit einem Gitarrenintro, das von Baz Warne sher hart gespielt wird. Um dann mit eher strangleresken Riffs so richtig loszulegen. Mit einem tiefen, knallharten Basslauf und einem gradlinigen Schlagzeug  und einer Greenfield-Typischen Orgel. Ein 4-Minütiges Intrumental als Opener. Nicht schlecht. Gefolgt von einem romantischen Einstieg in "Freedom is Insane", dass klingt, als wäre es aus der letzten Session zu "Suite XVI" übergeblieben und ein klein wenig an "Heroes" von Bowie erinnert. Zumindest im Refrain. Um dann gegen Ende in einem Orgelsolo alà "Walk on by" zu münden.

Insgesamt ist "Giant" sehr gitarrenlastig geworden, was sicherlich dem Einfluss des Jüngsten, Baz Warne, geschuldet ist. Aber eben ein sehr gutes Album hervorgebracht hat. Sehr schön ist die eher ruhige Ballade "My Fickle Resolve"  und interessant der Hardrock-Tango "Adios", bei der neben brettharten Gitarren auch nch in so etwas ähnliches wie spanisch gesungen wird.

Einen prima Abschluss macht dann das für mich beste Lied auf der Platte, 15 Steps, dass mit stranglerstypischen Sarkasmus aufwartet und eine leicht "spooky" Orgel beinhaltet.

"Giant" ist ein in sich geschlossenes Werk ohne wirkliche Höhepunkte, dass man bedenkenlos durchhören kann. Was für "The Stranglers" etwas wenig ist. Nicht die beste Platte, die die Jungs (!) gemacht haben, aber eine, die durchaus weit oben angesiedelt ist. Um damit wieder auf die lange Geschichte der Stranglers zu kommen. Denn sie klingen nicht so alt wie sie sind (Baz Warne ausgenommen), sondern frisch und modern ohne zu leugnen, dass sie die Stranglers sind. Oder um es mal so zu sagen **** von ***** sind allemal drin.

Die Limited Edition, die mir vorliegt, hat noch eine Bonus-CD  mit einem Unplugged-Konzert von der letztjährigen Convention beigefügt. Tolles Konzert in toller Atmosphäre mit Songs, die man bei einem solchen Konzert nicht erwartet hätte. Ein besonderes Bonbon als Zugabe.

The Stranglers "Giants" , Coursegood  B0076L9WJQ

Tracks:

Another Camden Afternoon/Freedom Is Insane/Giants/ Lowlands/Boom Boom/My Fickle Resolve/Time Was Once On My Side/ Mercury Rising/Adios (Tango)/15 Steps