Sonntag, 17. April 2016

Ich finde den eigentlich blöd, aber...

Oh mein Gott...huch, ich bin ja Atheist, Gott sei Dank. Dennoch: Was ist in der letzten Zeit nicht alles für wirklich erschütternder Kram passiert. Und man könnte meinen, es gibt nichts dramatischeres als ein gewisser Herr Böhmermann.

Die meist gehörten Sätze in letzter Zeit lauten in etwa "Satire darf alles", "Schmähgedicht ist Majestätsbeleidgung", Ich kann den Böhmermann auf den Tod nicht ausstehen, aber..."

Und was geht mir dieses Gezumpel auf den Keks. Die Bundesregierung reagiert zögerlich und dann unglaubwürdig, Erdogan flippt angeblich aus (Dabei hat er sich noch nicht einmal mit auch nur einem Wort persönlich zur Angelegenheit geäußert) und überhaupt.

Im Prinzip wäre mir Erdogan und sein Führungsstil völlig egal, wenn die Türkei nicht so massiv zur EU streben würde. Obwohl, nach allem, was da in letzter Zeit passiert ist kann es eigentlich nicht erstrebenswert sein, aber egal jetzt. Und damit, und mit der Tatsache, dass in der EU und vor allem in Deutschland, sehr viele Türken wohnen ( die meisten davon integriert), wird Erdogan und sein Machtanspruch interessant.

Einige Aussagen von Recep Erdogan:

"Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ich verstehe sehr gut, dass ihr gegen die Assimilierung seid. Man kann von euch nicht erwarten, euch zu assimilieren."- aus der Übersetzung einer Rede in der Kölnarena vor rund 20.000 Landsleuten am 10. Februar 2008

 "Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten." (nach Ziya Gökalp) - Erdogan 1998 auf einer Wahlkampfveranstaltung
Da gibt es noch erheblich mehrere Zitate (Wikiquote), die auf die wahre Absicht Erdogans hinweisen. Und er streitet das gar nicht ab - sondern gestaltet ersichtlich seine Politik nach seinen Maximen. Und die werden wohl in ein Großosmanisches Reich enden... Oder auch nicht. Jedenfalls lässt die Politik Erdogans und sein Gehabe kaum eine Chance, nicht darüber zu spotten. Spott und Satire und das Lachen darüber sind die schlimmsten Feinde von Diktaturen - und in der Türkei deutet vieles darauf hin, dass es dort so weit kommen könnte.

Gleichwohl: Beleidigungen sind so eine Sache. Nun hat Böhmermann, so weit ich erkennen kann, eine Satire auf die angeblichen Grenzen der Satire am Fallbeispiel eines Schmähgedichtes über Erdogan gemacht. Ob das tatsächlich eine Beleidigung Erdogans ist oder erlaubte Satire wird jetzt ein Gericht entscheiden. Und mit der Entscheidung werden wir und Recep Erdogan leben müssen.

Also lasst uns in der Causa Böhmermann mal einen Gang zurück schalten. Und lieber die Politik im Auge behalten. Da liegt nämlich sehr viel im Argen. Nicht nur in der Türkei.

Montag, 4. April 2016

Und weiter geht's

Was? Genscher tot? Nicht überraschend - wenngleich Genscher bis zum Schluss sehr aktiv war: Man konnte damit rechnen. Und Roger Cicero tot?! Das war überraschend. Mit 45. Da stirbt man normalerweise nicht einfach so. Nicht in der heutigen Zeit. Und doch...

Es ist komisch. Da sterben reichlich Menschen in Brüssel (und anderen Orts), und man sieht auf die Prominenten. Vielleicht, weil das greifbarer ist als eine anonyme Masse Mensch. Und, wie im Fall Genscher, diese Proms einen durch das ganze bisherige Leben begleitet haben. Dabei ist der Anschlag in Brüssel wesentlich dramatischer. Und gar nicht mehr so weit weg.

Und es macht deutlich: jederzeit kann es vorbei sein. Egal, ob plötzlicher Infarkt, Verkehrsunfall oder als Opfer von einem Terroranschlag. Und, da grade der Jahrestag war, durch einen Flugzeugabsturz. Aus welchen Gründen auch immer. In meinem Alter denkt man sicherlich öfter an das Ende als mit 20. Und doch - die Allgegenwart von Gevatter Tod wird gerne ignoriert und weit nach hinten geschoben. Ich persönlich will höchstens 75 werden - wenn ich mir das Siechtum so manch sehr alter Menschen so anschauen muss. Warum unnötig sich durch das Leben kämpfen? Andererseits: Sollte ich fit bleiben; warum nicht länger? Und wer weiß, wie ich darüber denke, wenn ich denn 75 bin. Bis dahin habe ich noch 20 Jahre. Und so sehe ich den Tod. In 20 Jahren. Und nicht heute.

Aber: Solche Dinge wie der Tod von Roger Cicero oder Guido Westerwelle, die jünger oder in meinem Alter sind, und der Krebstod bzw. Infarkttod von Verwandten und Freunden zeigen mir dann doch, dass der Tod immer vor der Tür steht. Unverhofft kommt oft.

Ich denke, wir sind in der Regel so gepolt, dass wir denken und fühlen, dass es uns nicht erwischt hat und das Leben weiter geht. Gedenken der Verstorbenen mit ein klein wenig Hintergedanken: Besser Du als Ich. Und weil man sich selber gerne klein macht heißt es dann oft: Die Besten gehen als Erste. In der Hoffnung, dass wir nicht zu den Besten gehören.

Und so gehen wir wieder in den Alltag. Terror ist weit weg. Und uns geht es ja gut. Das Leben geht eben weiter. Irgendwann auch mal ohne uns.