Donnerstag, 19. August 2021

Ein Roman in Zeiten der Pandemie

Prolog:

Mir wurde bewusst, ich hatte einen Fehler begangen. Vorwurfsvolle Blicke über Maskenränder hinweg trafen mich mit voller Wucht – und dass direkt, nachdem ich den Supermarkt betreten hatte. Verwirrt blickte ich an mich runter und musste feststellen: Ich hatte vergessen, etwas anzuziehen. Und es war nicht die Maske, die ich vergessen hatte. Den Hinweis „Betreten nur mit Maske“ hatte ich anscheinend nur in seiner ausschließenden Form befolgt. Kurz: Bis auf die Maske stand ich splitterfasernackt im Eingangsbereich des Supermarkts. Gut, ein Einkaufswagen bedeckte notdürftig das Wesentliche.

Während ich etwas erstaunt an mir runterblickte, fiel mir ein „Ich muss noch Shrimps mitbringen“ und „Wo verdammt habe ich die Kreditkarte?“. Letzteres klärte sich auf durch ein harmloses Druckgefühl zwischen den Arschbacken. Das mit den Shrimps konnte ich nicht mehr vergessen. Die Eselsbrücke baumelte ja zwischen meinen Beinen.

„Junger Mann“, meldete sich eine ältere Dame, „ Ihre Maske!“ – Verblüfft erwiderte ich, dass ich doch eine auf hätte?! – „Ja, aber das ist eine OP-Maske, hier müssen Sie aber eine FNP 2 – Maske tragen!“

Oh, das war natürlich fatal. Klar, mitten im 10. Lockdown hätte ich daran denken müssen, dass sich die Vorschriften beständig änderten. Was machte ich nun? Wo bekomme ich eine FFP 2 – Maske her, so auf die Schnelle?

Mein Anblick muss Mitleid erregt haben; in solchen Zeiten rücken Menschen halt zusammen, trotz Abstandsgebot; es meldete sich ein älterer Herr, der mir eine Maske völlig selbstlos zusteckte. „Dann muss ich nicht mit meiner Frau in den Supermarkt,“ murmelte der nette Mann und ich wechselte behände die Maske. So ausgestattet konnte ich den Supermarkt betreten. „Ich darf die Shrimps nicht vergessen“ murmelte ich verschlafen und wachte aus dem Albtraum auf.