Dienstag, 19. Oktober 2021

Resignation als Lebensaufgabe

Oh, was ich mich bemühe. Schlucke Tabletten. Tropfen. Mache inzwischen Therapie. Und zwinge mich, morgens aufzustehen. Das Bedauern, wieder die Augen zu öffnen statt sie endgültig geschlossen zu haben, teilweise unter Tränen zurück zu drängen.

Ja, ich weiß: Es gibt so viele, denen es schlechter geht. Im Gegensatz zu mir haben die aber auch gelernt, was Leben ist. Kompliziert. Habe bei Beginn der Therapie musste ich Gefühle beschreiben. Mut. Gelassenheit. Zuversicht.  - Konnte ich nicht. Ich kann so etwas nicht einordnen. Wahrscheinlich habe ich zu früh meine Gefühle eintüten müssen, als Schutzmaßnahme. Oft genug rate ich, welche Form von Gefühl jetzt angebracht ist und wie man das glaubwürdig vermitteln kann. Liege auch oft genug daneben - und flüchte mich in Sarkasmus oder gar Zynismus.

Ach doch: Traurig, dass kann ich. Könnte auch Melancholie sein. Oder sowas. Wirklich differenzieren kann ich das auch nicht - rate aber dann.

Und so sehe ich zurück und kann gar nicht genau sagen, wann ich glücklich war. Vermutlich war ich es mal. Viele Dinge, die mir passiert sind: Eine Partnerin finden, Geburt der Kinder. Zeiten, in denen ich mich geöffnet haben muss. In denen aber gleichzeitig schlimmes, belastendes passiert, wie eine Strafe dafür, mir etwas Glück gegönnt zu haben. Als verhüte ich womöglich Schlimmeres, in dem ich meine Gefühle im tiefsten Orkus versenke und nie wieder raushole.

--Break--

Dennoch, auch bei laufender Therapie, ist es schwierig mich zu fangen. Da ist noch eine Phobie vor Menschenmassen dazu gekommen. Letzte Treffen mit Freunden, Pumpeneck z.B., haben gezeigt, dass ich mich sehr unwohl fühle, meist abseits stehe. Ertrage, quasi, das Zusammensein um meiner Frau nicht den Spaß zu verderben und meine Freunde nicht zu verprellen. Zudem kostet es Kraft, mit den Öffis zu fahren. Und jetzt kommen noch so langsam die Weihnachtsfeiern...

Also, im Prinzip hat Covid 19 nicht nur meine Depression verstärkt sondern auch überwunden geglaubte Phobien zurück gebracht.

Mit diesen Päckchen winde ich mich irgendwie durch das Leben. Schwankend zwischen "Ich darf nicht aufgeben" und "Wann ist es endlich vorbei" versuche ich einen brauchbaren Weg zu finden. Trügerische Hoffnung Therapie? Da werde ich sehen müssen, was da noch passiert.