Mittwoch, 28. Juli 2010

Schuld und Sühne


“Wer unter euch ohne Schuld ist der werfe den ersten Stein!”
Jesus von Nazareth
Der Innenminister des Landes NRW hat einen Zwischenbericht zum Drama der Loveparde in Duisburg vorgelegt. Dem Veranstalter wird die Hauptschuld zugewiesen.
Das ist wahrscheinlich auch zutreffend, denn Einwände der Behörden sind nicht beachtet worden und Auflagen und versprochene Maßnahmen wurden nicht eingehalten. Gleichsam stellt sich aber die Frage, wieso die Behörden dann nicht die Veranstaltung abgesagt haben.
Und damit sind wir an einem Punkt, wie man “Schuld” definieren muss. Ungeachtet strafrechtlicher Relevanz gibt es auch Verantwortung und Moral, an der man schuldig werden kann.
Den Veranstalter trifft mit Sicherheit die Hauptschuld. Er drängte auf Genehmigung, drohte, erzeugte Druck und die Vorschriften und Absprachen hielt er nicht oder nur unvollständig ein. Schaller hantierte mit falschen Zahlen und manipulierte anscheinend.
Der Oberbürgermeister. Adolf Sauerland ist sicher nicht einfach zu bewerten. Unabhängig einer noch nachzuweisender persönlichen Schuld im rechtlichen Sinne hat er die politische Verantwortung zur Gänze und hätte eigentlich zurücktreten müssen. er hängt an dem Job, vielleicht allein noch, um Einfluss auf die Aufklärung der Umstände haben zu können. Fest steht wohl, dass Sauerland unter großem Druck stand, diese Loveparade in Duisburg durchzuziehen. Egal wie. Für das Image Duisburgs, des Ruhrgebiets, der Ruhr 2010. Der stets um ein gutes Image für Duisburg bemühte Mann schoss anscheinend über das Ziel hinaus und ignorierte Sicherheitsbedenken. Dabei müsste er wie jeder Duisburger die Örtlichkeit kennen und die gleiche Skepsis gehabt haben. Müsste, hat er aber wohl nicht. Wie auch immer, es ist dem Druck, dem sich Sauerland selbst ausgesetzt hat und von Dritten verstärkt wurde, geschuldet. Und bei den “Dritten” kommen wir doch zu einer Vielzahl Menschen.
Zum Beispiel der Rat der Stadt Duisburg, der sich vornehm mit Kritik zurückhält. Denn in der Vorbereitungsphase war der Fokus auf das Pekunäre und nicht auf Sicherheit oder Durchführbarkeit gerichtet. Im Gegenteil, aus dem Rat kam einhellig die Aufforderung, die Loveparade durchzuführen. Unbedingt.
Der gebürtige Duisburger Fritz Pleitgen und Dieter Gorny, leitende Personen der Ruhr 2010. Von dort wurde der Druck durch die Forderung nach Durchführung zur Ruhr 2010 erhöht. Eine weitere Absage nach Bochum wäre zu peinlich. Pleitgen hat anscheinend eine Ahnung seiner Schuld – weist aber Verantwortung, natürlich, weit von sich.
Die Landespolitik, allen voran die Regierung Rüttgers und seine Staatskanzlei, die sich ebenfalls massiv einmischte und den Druck nochmals erhöhte – und das wohl auch mit Landesmittel an Duisburg untermauerte. Was keine Steilvorlage für die Opposition sein kann, die ja heute Regierung ist. Sehr massiv forderte die damalige Oppositionsführerin Hannelore Kraft,dass es möglich gemacht werden muss, die Loveparade in Duisburg durchzuführen.
Und sicher auch die Presse, allen voran die WAZ. Die Oberbürgermeisterin von Bochum wurde nach der Absage vorgeführt und in jeder Weise die Loveparade in Duisburg forciert. Kritiker wurden mehr oder weniger als Nestbeschmutzer dargestellt oder gar nicht groß beachtet. Es fand mehr oder weniger eine Hofberichterstattung statt. Das scheint der WAZ so peinlich, dass sie allem Anschein nach einige der Artikel aus dem Archiv von “derwesten.de” entfernt haben. Jedenfalls sind sie nicht auffindbar.
Nun fordern alle den Kopf von OB Sauerland. manchen Zeitgenossen nehmen dass zu wörtlich und drohen mit Mord. Bei aller berechtigten Forderung nach Rücktritt: So kann man mit Sauerland auch nicht umgehen. Denn alle haben sich zu fragen: Habe ich nicht auch dazu beigetragen, dass es in diesem Unglück endete?
Denn durch diesen ganzen Druck wurden diese Fehlentscheidungen getroffen. Unter der Prämisse “Die Loveparade MUSS stattfinden” mündete alles in der Katastrophe an der Karl-Lehr-Straße im Gelben Bogen. Dass hier vielleicht Fehleinschätzungen der Polizei vor Ort oder auch der Ordner folgten ist eventuell Fahrlässigkeit aber zwangsläufig Folge aller vorherigen Fehlentscheidungen.
Sicher wird Sauerland und sein Dezernent Rabe den Hut nehmen müssen. Aber wer ohne Schuld, der werfe den ersten Stein

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen