Mittwoch, 16. September 2020

Resilienz und Niederlage

In der Tat, in diesem Blog bin ich nicht sehr mitteilsam. Liegt vielleicht auch daran, dass ich mein Leid in den üblichen sozialen Medien teile und dadurch etwas Besinnung finde.

Aber sicher: Ich denke mir immer so hochtrabende Texte aus, die meinen Zustand oder die Gedanken zum Weltgeschehen transportieren sollen. Und dann fehlt doch der Antrieb, das niederzuschreiben. Auch eine Auswirkung der Depression. Was ergibt das alles denn für einen Sinn…

Dabei war ich auf einen halbwegs guten Weg, meine Depression im Griff zu bekommen und das Borderline zu beherrschen. Sicherlich, ohne fachliche Anleitung sehr schwer zu gestalten, aber finde mal einen Psychotherapeuten, der Zeit hat. Oder Lust. Ich hatte diesbezüglich aufgegeben.

Und dann kam Corona.

Nicht, dass die Angst, sich mit Corona anzustecken, allzu groß wäre. Ich rauche, was wesentlich gefährlicher ist. Nein, es fing, wie ich ja schon einmal geschildert habe, mit der Angst vor dem Lockdown an. Gefangen, ohne Möglichkeit der Flucht. Und genau dieses Gift hat mich schleichend verseucht. Resilienz am Arsch.

Klar, in NRW war der „Lockdown“ schon relativ harmlos. Nach draußen gehen war möglich, Treffen hat man sich verkniffen und so wenig wie möglich Kontakte gesucht. Ich bin sogar im Märzen mit dem Rad nach Düsseldorf gefahren (eine Strecke 34 km), um zur Arbeit zu kommen. Mein Arbeitgeber hat sich da vorbildlich verhalten, so dass diese Zeit recht gut überwunden wurde. Irgendwann musste ich aber wieder mit Bus und Bahn – und was soll ich sagen? Genau. Alte Ängste vor Menschenmengen und Nähe brechen aus. Dinge, die ich als im Griff erachtete.

Genau dort sind die Resilienzen dann gescheitert. Das Gefühl, wertlos zu sein, nichts auf die Reihe zu bekommen – all dass, was mir als Kind eingeprügelt wurde brach wieder vor. Und dadurch auch der Wunsch, endlich die wohlverdiente Ruhe zu finden. In diese Gefühlswelt führen auch andere Trigger, Berufsbedingt oder auch Privat. Und so kommt es, dass recht harmlos scheinende Ereignisse mich überfordern können.

Und ja, es hilft mir, meine Gedanken zu ordnen, vielleicht nicht immer einzuordnen, aber immerhin, wenn ich sie niederschreibe. Den Drang zu flüchten, mich aus der Situation des „Leben müssen“ zu bringen, in den Griff zu bekommen und in andere Bahnen zu lenken.

Die weltpolitische Lage trägt auch ihren Teil dazu bei. Wenn man deutlich gezeigt bekommt, „der Klügere gibt nach“ nicht die schlaueste Einstellung ist und den Dummen die Macht ergreifen lässt. Und nein, die Flüchtlingskrise lässt mich nicht denken, oh, denen geht es schlimmer, stell dich nicht so an. Das wäre ja objektiv. Als depressiver Borderliner bin ich eher subjektiv…

Nun denn. Ich versuche, das irgendwie in den Griff zu bekommen.

 

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