Montag, 11. Januar 2010

Kulturlandschaft Ruhr

Die Eröffungsfeier suggerierte sehr hautnah, was das Ruhrgebiet ausmachen soll: Stahlhart mit Herz. Trotz Unwetterwarnung und Minustemperaturen wurde die Feier durchgezogen. Ruhrgebiet ist Kulturhauptstadt.

Im Prinzip bestand Kultur im Ruhrgebiet aus der Pflege der Pilskultur; ein gutes Pils braucht sieben Minuten und zischt nach der Schicht erst so richtig. Was natürlich Unsinn ist. Aber das Ruhrgebiet ist in der Wahrnehmung eher Malocherrevier denn Kulturregion. Ruhr 2010 soll das ändern. Denn das Ruhrgebiet bietet schon vielfältiges. Vom hochkarätigen Kabarett über dem Arbeitertheater bis hin zur Oper bietet das Revier auch viel Subkultur.

Aber was ist dieses Ruhrgebiet? Sind es die 53 Städte, die sich als “Local Heroes” über das Jahr verteilt präsentieren? Ist es ein flüchtiger Gedanke? Ist es tatsächlich die Region zwischen Kamp-Lintfort und Dortmund, von Hagen bis Recklinghausen?

Der Kreis Wesel hatte schon Probleme sich zum RVR (Regionalverband Ruhr) zu bekennen. Duisburg sieht sich inzwischen weniger als Stadt Montan denn als City of Trade. Würde eher in einer Rheinschiene mit den Häfen von Krefeld, Düsseldorf und Köln kooperieren. Die umliegenden Kreise wie eben Kreis Wesel und Recklinghausen sähen sich auch im Bereich Niederrhein bzw. Münsterland zu Hause. Und Gelsenkirchen und Dortmund geht ja nunmal gar nicht - zumindest im Fußball.

Nun hat das Land NRW eben die Regionalplanung für das Ruhrgebiet von den zuständigen Bezirksregierungen auf den RVR übertragen. Damit ist schon klarer umrissen, was man unter Ruhrgebiet versteht - oder verstehen will. Nächster Schritt wäre dann also die Neueinteilung in entsprechende Verwaltungsbezirke mit einer Art Bezirksregierung Ruhrgebiet und zwei weiteren in Westfalen und Rheinland. Und dabei liegt das Ruhrgebiet in beiden Regionen. Nun, der Gedanke liegt eher auf Eis - aber die Idee, eine Ruhrstadt zu gründen, geistert auch noch herum.

Das Ruhrgebiet ist durch Stahlkocherei und Steinkohleabbau erst das gworden was es heite ist: ein riesiger Moloch. Aus den kleinen Bauerndörfern und den Handelsstädten an Rhein und Ruhr wurde ein von Schwerindustrie geprägtes Gebiet, dass in seiner Infrastruktur entsprechend angepasst war. Die Probleme kamen dann auch mit dem Strukturwandel durch das Ende der Kohleförderung und dem Niedergang der Stahlindustrie.

Bei dem allem gab es nie eine übergeordnete Identifizierung der dort lebenden Menschen mit dem “Pott”. Erst seit den 1980er Jahren mit Identität stiftenden Filmen von Winkelmann wie “Die Abfahrer” oder die “Theo”-Filme mit Westernhagen (der mit dem Ruhrgebiet als Düsseldorfer eigentlich gar nix zu tun hat) oder auch die “Schimanski”-Tatorte mit Götz George zeigten den Menschen dass es ein Ruhrgebiet gibt. Ließen sie sich als “Ruhrie” fühlen. Dazu kam immer mehr Kabarett, dass die Lebensweise des Ruhrgebietsmenschen in den Mittelpunkt stellten (Affentheater, Misfits usw).

Dennoch: Das Ruhrgebiet blieb, und wird wohl absehbar bleiben, eine Ansammlung eignständiger- und sinniger Städte und Dörfer, die nur schwer zu Einander finden. Da wird auch die Kulturhauptstadt nicht drüber weg täuschen. Dennoch macht Ruhr 2010 Appetit auf das Ruhrgebiet. Und vielleicht findet die Region ja doch noch zu einer eigenen Identität.

Link: Ruhr 2010

2 Kommentare:

  1. Lieber Manfredinblack,

    "Bei dem allem gab es nie eine übergeordnete Identifizierung der dort lebenden Menschen mit dem “Pott”."

    Ich habe 15 Jahre im Ruhrgebiet gelebt und kann das eigentlich nur bedingt bestätigen. Gewiß gibt es nicht diese krachende Selbstbweihräucherung à la "Mir san Baiern". Aber eine gemeinsame Mentalität gibt es, scheint mir, schon. Die Figur des "Kumpel Anton" in der WAZ und auch Jürgen von Mangers Adolf Tegtmeier haben sie gut getroffen:

    Nüchtern, realitätsnah, mißtrauisch gegen große Worte, tolerant, zupackend, gesellig, mit einem sehr speziellen Humor ausgestattet - so habe ich die Menschen des Ruhrgebiets erlebt, ob ich nun in Essen oder Dortmund, in Gelsenkirchen oder in Witten war.

    Oder in Bochum, wo ich an der RUB arbeitete und das ich noch heute ins Herz geschlossen habe, einschließlich VfL und Grönemeyer (den wir als Gymnasiasten bei seinem Bühnendebüt am Schauspielhaus erlebt haben).

    Herzlich, Zettel

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  2. Naja, ich komme gebürtig aus Rheinhausen, habe die meiste Zeit in Duisburg gelebt (bis auf 5 Jahre Münster) und seit 10 Jahre in Moers - also ein Pottkind. Sozusagen. Insofern kann ich durchuas bestätigen, dass es eine gewisse Ruhrgebiets-Mentalität gibt. Aber eben nicht als gemeinsame Identität erlebt. Dass ging m.E. erst Anfang der 1980er so richtig los. Quasi gleichzeitig mit dem Untergang des "alten" Ruhrgebiet mit den qualmenden Schloten und Zechentürme. Ruhr2010 wird sicherlich zu einer Festigung der Identität Ruhrgebiet beitragen. Aber ob es wirklich eine Region wird.... Da ist schon vieles versucht worden. davon ab: Ich liebe meine Heimat - linksrheinisch.

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